Fast ein ganzer Olperer

Blockkletterei am Weg zum Gipfel - Foto: Paula Fuchsbichler

Und dann gibt es auch solche Touren: die, die ohne Gipfelsieg bleiben. Spannend und schön war’s trotzdem. Das war bestimmt nicht meine letzte Tour in den Zillertaler Alpen.

Freilich ist es bitter, 50 Meter unterhalb des Gipfels umzukehren, wenn man gut 1600 Meter aufgestiegen ist. Freilich auch dann, wenn man für die Tour knappe sechs Stunden Anfahrt im Auto in Kauf genommen hat. Doch manchmal kommt es eben anders.

Aufstieg im Nebel
Aufstieg im Nebel

Vier Tage hatten Paula und ich vorgesehen, um die Bergwelt im Zillertal zu erkunden. Doch die Wettervorhersage gönnt uns ein Wetterfenster von nur einem einzigen Tag. Eine einzige Tour. Der Versuchung, auf den Olperer zu steigen, können wir dennoch nicht widerstehen. Er ist eben auch ein ganz besonders Schöner.

Die Dominikushütte am Schlegeisspeicher erreichen wir gegen 21 Uhr. Der Stausee liegt umzingelt von Dreitausendern mit klingenden Namen: Schönbichler Horn, Großer Möseler, Breitnock, Hoher Weißzint, Hochfeiler, Hochferner. Olperer. Dieser thront im Nordwesten des Sees. Sehen können wir sie allesamt nicht. In der düsteren, regnerischen Nacht sind wir einfach nur froh, endlich angekommen zu sein.

Auf Höhe der Olpererhütte zeigt sich unser Ziel erstmals
Auf Höhe der Olpererhütte zeigt sich unser Ziel erstmals

Sehen können wir sie auch am nächsten Morgen nicht. Der Blick in die Landschaft endet nach wenigen Metern im Nebel. Erst als wir nach etwas mehr als einer Stunde Gehzeit die Olpererhütte erreichen, öffnet sich die Sicht über die wunderbare Bergwelt der Zillertaler Alpen.

So viele schöne Gipfel
So viele schöne Gipfel

Der Olperer thront über uns, die ersten Sonnenstrahlen erleuchten die verschneiten Hänge. Aufatmen, dass uns das Wetter wohlgesinnt ist, ein schnelles Frühstück auf der Hütte, ein heißer Tee. Um 8.15 Uhr gehen wir weiter.

Eigentlich sieht's gut aus...
Eigentlich sieht’s gut aus…

Grobes Blockgelände führt entlang dem Riepengrat zum Gipfelhang. Eine schöne Kletterei. Paula findet eine geschickte Aufstiegsspur durch die zehn Zentimeter Schnee, der hinter uns auch eine Gruppe Deutscher folgt. Es ist windig und klar. Ans gute Wetter glaubt sie nicht. Und sollte Recht behalten.

Blick ins Tal
Blick ins Tal

Als wir beim Gletscher ankommen (oder besser gesagt: bei dem, was davon übrig ist), hüllt sich der Olperer in dichten Nebel. Mit dem Wind, der immer wieder recht frische Böen schickt, hatten wir gerechnet. Von Nebel war in der Vorhersage keine Rede gewesen. Dass die Prognose erst für die Abendstunden eine Wetterverschlechterung vorsieht, weiß das Wetter leider nicht.

Gar nicht so einfach, einen Weg zu finden. Viele der Steinmännchen sind verschneit
Gar nicht so einfach, einen Weg zu finden. Viele der Steinmännchen sind verschneit
  • Olperer: 3476 Meter
  • 1600 Höhenmeter Aufstieg
  • Schöne Blockkletterei im zweiten Grad
  • Traumhafte Aussicht ab der Olpererhütte
Das Abklettern ersparen wir uns an dieser Stelle
Das Abklettern ersparen wir uns an dieser Stelle

Die 3476 Meter Seehöhe erreichen wir nicht. Nach dem steilen Aufschwung, der als Schlüsselstelle gilt, kehren wir noch auf den ersten Metern des Gipfelgrates um. Der Block ist zwar stahlseilversichert, aber der Schnee macht ihn recht rutschig. Zu schlecht ist die Sicht – zu diesem Zeitpunkt wissen wir nicht, ob der Nebel sich weiter verdichtet. Zu groß ist das Risiko.

Mit dem Pickel lässt sich der Untergrund besser spüren - Foto: Paula Fuchsbichler
´Mit dem Pickel lässt sich der Untergrund besser spüren – Foto: Paula Fuchsbichler

Die drei Deutschen, die von ihrer ursprünglichen Sechsergruppe noch übrig sind, tun es uns gleich. Über die Schlüsselstelle seilen wir uns ab. Unseren eigenen Spuren folgend steigen wir zur Olpererhütte hinunter. Der Gipfel zeigt sich an diesem Tag nicht mehr.

Einfach klass, die Tour
Einfach klass, die Tour

Und dennoch kreist die Frage, als wir in der warmen Hütte sitzen, im Kopf herum: Hätten wir es hinauf schaffen können? Ja, vielleicht. Sicher ist jedenfalls, dass die Entscheidung in dem Moment, in dem wir sie getroffen haben, richtig war. Dass es keinen Sinn hat, darüber nachzudenken, wie wir im Nachhinein entschieden hätten. Dass es Spaß gemacht hat, in den Blöcken zu klettern (auch hinunter!), obwohl meine Fingerkuppen zwischendurch blau waren.

Blick auf den Schlegeisspeicher beim Abstieg
Blick auf den Schlegeisspeicher beim Abstieg

Dass es spannend war, durchs Gelände einen Weg zu suchen, der nur mit meist eingeschneiten Steinmännchen markiert war. Dass es eine gute Idee war, uns über die kurze Flanke abzuseilen. Dass es Spaß gemacht hat, mit Paula unterwegs zu sein. Dass wir mit unseren „Gefolgschaft“ aus Deutschland einen sehr witzigen Abend hatten. Dass die Tour fordernd, schön und befriedigend war. Und vor allem: Gut is gangen, nix is gscheng.

Griffen-Klettersteig: Viel Kraft für wenige Höhenmeter und zur Belohnung eine Espressomaschine

Klettersteig zur Burgruine Griffen - Foto: Daniel

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Das Geheimnis um E-Klettersteige ist gelüftet! Fazit: absolut machbar. Ein weiterer, persönlicher Mythos zerstört…

Schwer motiviert, mich an diese Aufgabe zu wagen, mache ich mich mit Tina und Daniel im Gepäck an einem Samstag im August auf den Weg nach Griffen. Der „schwerste Klettersteig Kärntens und der schwerste E-Klettersteig der Ostalpen“ – solche Attribute erfüllen ihren Zweck zu Recht: abschreckend zu wirken.

Beim Einstieg

Doch wir lassen uns nicht abschrecken. Kondition und Verfassung passen. 120 Höhenmeter klingen zwar wenig, doch die Wand wird recht geschickt ausgenützt: zuerst klettert man über die ganze Breite nach rechts, dann zurück nach links. Klingt monoton? Ist es nicht. Insgesamt ergeben sich dadurch 450 Klettermeter.

Ein bisschen rumhängen – Foto: Tina Fellner

Schon gut drei Wochen davor hatte ich einen Abstecher zur Burgruine Griffen und zum Klettersteig-Einstieg gemacht. So verlockend die Tour damals auch erschien, die Voraussetzungen waren es umso weniger. Ein heißer Sommernachmittag, an dem die Sonne unbarmherzig in die Südwestwand knallt, ist ganz bestimmt nicht der geeignete Zeitpunkt, um in einen schweren Klettersteig einzusteigen.

Daniel in Aktion

Doch diesmal stimmt alles: Die Temperaturen sind angenehm an diesem Samstag, wenn auch etwas schwül, es ist bedeckt, wir sind ausgeruht und vor allem früh genug dran. Der Zustieg dauert nur wenige Minuten. Die ersten Meter starten dafür gleich knackig mit C/D und D. Den Notausstieg, der nach den ersten Metern direkt nach oben zum Ausstieg führt, brauchen wir nicht. Ab da wird der Steig aber zunehmend schwerer. Selbst wenn man sich von Zeit zu Zeit in der Rastschlinge ausruht, sind die Oberarme und vor allem die Haut an den Händen stark gefordert.

Drei Grazien – Foto: Peakclimber

Vor dem Wendepunkt gibt es als willkommene Abwechslung eine kurze A/B-Passage. Diese Erholungspause braucht man auch, denn ab dem Richtungswechsel werden die Arme erst richtig gefordert. Ab dann kommt nämlich eine weite Passage, die mehr oder wenig ständig überhängt (D/E bis E). Steigen muss man auf recht kleinen Tritten oder ganz auf Reibung. Der Vorteil: Nach diesem Abschnitt kamen uns die darauffolgenden D- und C/D-Passagen richtig leicht vor.

Noch einmal die Kraftreserven mobilisieren
An der Kranich-Pose muss ich wohl noch arbeiten

Was auch gut ist, denn zu diesem Zeitpunkt machten sich bereits Abnutzungserscheinungen an unseren Händen bemerkbar. Zum Abschluss warten noch zwei liebe Gags: Man wird mit einer Hängebrücke und mit einer Espressomaschine am Ausstieg belohnt, die an den Felsen zementiert ist. Und mit einem herrlichen Bier in der Schlosstaverne! Golden ist die Espressomaschine übrigens nicht. Aber wie die glänzt, in Anbetracht des geschafften Klettersteigs!

Wie sie glänzt! Ist sie nicht wunderschön? – Foto: Daniel

Ohne Vorbereitung klettert sich ein E-Steig natürlich nicht. Es hilft enorm, wenn man weiß, wie man am langen Arm klettert, wie man richtig steigt und auch kleinste Tritte gut und kraftsparend ausnützt. Und auch, falschen Ehrgeiz gleich über Bord zu werfen. Selbstüberschätzung ist hier fehl am Platz.

Yesss! Geschafft! – Foto: Peakclimber

Peakclimber, der direkt hinter uns geklettert ist, hat übrigens ein cooles Video von dem Steig gemacht. Gegen Ende hat er uns drei sogar verewigt:

Peakclimber hat den Aufstieg mit der Helmkamera gefilmt

Und noch ein Wort zum Schluss: Klettersteige sind, wenn sie schwieriger werden, ein Kraftakt. Klar ist es auch für mich spannend, das mal auszuprobieren, wie weit ich gehen kann und ob ich das schaffe. Aber mit Klettern haben sie, je schwieriger sie werden, wenig bis gar nichts zu tun. Letztlich hangelt man sich ja doch nur am Stahlseil entlang und nicht die Technik, sondern einzig die Armkraft entscheidet darüber, ob man einen extrem schweren Klettersteig schafft oder nicht. Warum es einen deutlichen Trend gibt, immer noch schwierigere Klettersteige einzubohren, wird mir ein Rätsel bleiben. Aber im Herzen bin ich halt doch mehr Kletterin als Klettersteiggeherin…

Trotz Handschuhen... - Foto: Tina Fellner
Trotz Handschuhen… – Foto: Tina Fellner

Lärchenturm-Klettersteig: Hinauf zum goldenen Karabiner

Wo man raufklettert, muss man auch wieder runter

Über Geröll und einige Stahlseilmeter geht es zum Koschutnikturm. Eine Gratwanderung direkt an der Grenze.

Mit den Karawanken betrete ich Neuland. Jahrelang hatte ich dank quasi-familiärer Bindungen die Möglichkeit, diesen mächtigen Gebirgszug wieder und wieder aus der Ferne zu bestaunen. Jetzt steht also endlich die Erstbesteigung auf dem Programm. Zu zweit wandern Werner und ich vom Koschutnikhaus aus durch den Wald Richtung Lärchenturm. Die Geröllhalde kurz vor dem Einstieg ist an Steilheit an der Grenze zu dem, was noch sinnvoll begangen werden kann. Aber was soll’s, weit geht’s da zum Glück nicht hinauf.

Da geht’s weit, weit hinunter – Foto: Werner Klobucar

Der Lärchenturm-Klettersteig (D) selbst ist schön angelegt: Gleichmäßig fordernd, aber nicht zu schwer führt er schräg über den brüchigen Fels zum Lärchenturm, einem markanten, abgesetzten Felsturm. Kurz vor der Turmspitze hat man die Wahl zwischen einer D-Variante links und einer B/C-Variante rechts. Wir entscheiden uns für den linken Aufstieg. Der hat’s in sich, zahlt sich aber aus.

Knackige Stelle

Und falsche Hoffnungen sollte man sich hier ohnehin nicht machen. Der Steig ist D, auch wenn man die Stelle auslässt, und diese Schwierigkeit sollte man tatsächlich beherrschen. Denn im Abstieg vom „Gipfelkarabiner“ am Lärchenturm muss man eine D-Stelle abklettern, die so manchen Mitstreiter vor Herausforderungen stellt, wie wir feststellen.

Klettersteig at its best – Foto: Werner Klobucar
Der Lärchenturm von hinten. Hier muss man abklettern – Foto: Werner Klobucar
  • Tourlänge: 7 Stunden
  • 330 Klettermeter hinauf, 130 Meter hinunter
  • 1400 Höhenmeter
  • Aufstieg über den Lärchenturm-Klettersteig (D), Querung zum Koschutnikturm, Abstieg über den ÖTK-Klettersteig (je nach Variante B oder B/C)

Oben auf dem Lärchenturm darf man den goldenen Karabiner streicheln. Oder fotografieren. Oder einfach nur bewundern. Als Gipfelfotomotiv macht sich dieses originelle Schmuckstück jedenfalls wunderbar. Nein, natürlich ist der Karabiner nicht golden. Aber im verdienten Licht glänzt er, als ob er’s wäre!

Oben. Aber noch nicht ganz – Foto: KK
Der (quasi) goldene Karabiner am Lärchenturm

Den Abstieg über die Lärchenscharte sollte man meiden, zu groß ist dort die Steinschlaggefahr. Wir begeben uns daher auf Wanderschaft. Über den Lärchenberg überschreiten wir die Breitwand, deren Grat entlang der Kärntner-Slowenischen Grenze führt.

Es ist ein schmaler Grat zwischen Slowenien und Kärnten

Eine Traumlandschaft, die an vielen Stellen imposante Ausblicke auf die Steilwand erlaubt. Luftig und ausgesetzt führt der Weg über mehrere – in slowenischem Stil – versicherte Stellen, bis hin zum Einstieg zum ÖTK-Klettersteig (B), über den wir absteigen.

Am Koschutnikturm – Foto: KK

Als kleine Besonderheit wartet dort – neben jeder Menge Gegenverkehr – eine Hängebrücke, die man aber auch umgehen kann, wenn man will. Wollen wir aber nicht. Zuvor aber machen wir noch einen kleinen Abstecher zum Koschutnikturm (2136m), der sich sehr lohnt. Karawanken, ihr seht mich wieder!

Hängebrücke am ÖTK-Klettersteig – Foto: Werner Klobucar

Nockberge: Ein Falke im Nebel

Am Falken-Klettersteig

Eigentlich hätte es ja die Hohe Warte werden sollen. Doch zu weit ist zu weit. Und so wurde ein Abstecher auf den Falkert daraus. Ohne Aussicht, dafür mit vollem Krafteinsatz.

Eigentlich hätte es am Rückweg von einer traumhaften Urlaubswoche im Socatal ja die Hohe Warte werden sollen. Doch eine kurze Konsultation von Google Maps schaffte Sicherheit: Zu weit ist zu weit. Und wozu weit fahren, wenn man in der Nähe schon aus dem Vollen schöpfen kann. Nach einer nicht allzu gemütlichen Nacht im Auto am Lago del Predil, auf die meine Knie beleidigt reagieren, muss ich schließlich nichts übertreiben.

Der Falkensteig-Klettersteig auf den Falkert (2308) liegt quasi am Weg. Ein kurzer, aber schwerer Klettersteig mit einem leichten Abstieg, der noch dazu eine wunderschöne Aussicht auf die Nockberge und über ganz Kärnten verspricht. Ideal also als kurzer Abstecher auf der Heimfahrt.

Der Steig ist zwar kurz, aber er hat’s in sich

Doch irgendwie hat das Wetter die Prognose dann nicht ganz so wörtlich genommen. Aus der vorhergesagten Wetterbesserung – es war bedeckt und tröpfelte am Einstieg – wurde zum Gipfel hin immer dichterer Nebel. Von Auflockerungen keine Spur. Aber naja. Am Klettersteig kann man sich nicht verlaufen, die Einsamkeit am Steig besiegte das Karabiner-Scharren, das vom Murmeltier-Klettersteig herüberwetzte. Und der Abstieg könnte leichter nicht sein. Also nix wie rauf.

Der Einstieg beginnt gleich mit einer knackigen Scharte. Der Fels ist aber trocken und griffig, deshalb ist das Weitergehen kein Problem. Lediglich die Sicht lässt zu wünschen übrig. Ein bisschen unheimlich wirkt das Ganze dann doch. So isoliert und auf mich selbst zurückgeworfen war ich am Berg noch nie. Was so ein bisschen feuchte Luft ausmacht…

Am Ausstieg darf man sich gratulieren

Der Klettersteig geht anspruchsvoll weiter, ist aber insgesamt nicht allzu schwer. Immer wieder gibt es Stellen, an denen man auf Reibung gehen muss, immer wieder muss man sich am Stahlseil hochziehen. Kraft ist durchaus gefordert. Klettersteig-Routine also. Am Ende wartet eine kleine Herausforderung für Kopf und Balance: Eine kurze Zweiseilbrücke führt über einen Abgrund. Wie weit es da hinuntergeht, kann ich im dichten Nebel nicht einmal erahnen. Kurz vor dem Ausstieg noch die Schlüsselstelle, in der man ein sehr kurzes Stück in der Schwierigkeit D abklettern muss.

Was tut man nicht für einen schönen Blick über die Nockberge?

Den Weg zum Gipfel des Falkert (2308m) spare ich mir nicht. Gipfel ist schließlich Gipfel. Oben weist eine schöne Plakette darauf hin, welche weiteren Gipfel man von hier aus sehen könnte.

Das könnte Ihre Aussicht sein

Der Weg nach unten ist deutlich erkennbar und gut ausgetreten. Auch wenn ich nicht weit sehen kann – dieses „Zuckerl“ kann ich einfach nicht ignorieren: Da leuchten mir doch tatsächlich Unmengen an Heidelbeeren entgegen! Die Zeit, meine zukünftige Marmelade zu brocken, nehme ich mir.

Und noch einmal komme ich auf dem Weiterweg ins Staunen: Mir kommt eine Familie mit zwei kleinen Kindern entgegen, die wohl ebenfalls auf eine bessere Aussicht am Gipfel gehofft hatte. Wacker wandern die vier Richtung Gipfel weiter. Man kann halt nicht immer nur drinnen spielen. Manchmal muss man aufs Wetter pfeifen. Zum Glück endete der Wanderweg genau an der Stelle, an der ich mein Auto geparkt hatte. Sonst hätte ich es wohl nie wieder gefunden…

Triglav für Brave und Schafe

Ein Mal eine echte Slowenin sein. Nur deshalb geht man schließlich auf den Triglav. Ein bisschen aber auch wegen der Landschaft, dem Sport und dem Bier danach.

Wenn um 5.30 Uhr der Wecker läutet, kann das nur Urlaub sein. In diesem Fall läutet er in Slowenien. Der Triglav steht ja schon lange auf unserer Liste. Diese Chance also zu nützen, lag nahe. So kurz ist die Anfahrt schließlich so schnell nicht wieder… Und so starten Tina und ich den Aufstieg in Trenta, das unserem Urlaubsort Bovec am nächsten liegt. Schließlich gilt diese Variante auch als eine der anspruchsvollsten. Wie für uns gemacht, also.

Irgendwo am Bamberg-Weg – Foto: Tina Fellner

Das heiß ersehnte Traumziel aller Slowenen – angeblich muss ja jeder Slowene ein Mal in seinem Leben auf dem Triglav stehen – haben wir schon bald vor Augen. Nach den ersten Serpentinen, denen wir schließlich über den Bamberg-Weg (Klettersteig B/C) entkommen, der in der Luknja-Scharte startet, stehen wir auf einem Hochplateau, das vom Gletscher und Regenwasser geschliffen und geformt ist. Die bizarre Mondlandschaft ist wunderschön.

Mächtiger Gipfelaufbau – Foto: Tina Fellner

Alles steht und fällt mit den Wolken

Wenn jetzt nur das Wetter mitspielt… Die Entscheidung, ob wir aufsteigen oder den Gipfelsturm auf den nächsten Tag verlegen, machen uns die dunklen Cumuluswolken, die sich am Horizont türmen, nicht gerade leicht. Wir beobachten und diskutieren. Doch die Türme fallen letztlich allesamt wieder in sich zusammen, bevor sie sich von Neuem aufbauen. Lediglich tiefe Wolken verhängen immer wieder die umliegenden Gipfel und auch den Triglav selbst. Schließlich entscheiden wir uns aufzusteigen.

Dem Ziel so nah. Gleich auffi oder morgen auffi? Wos was i!

Am versicherten Einstieg kommt uns eine ganze Kolonne Menschen entgegen. Ein bisschen zittern wir ja immer noch wegen dem Wetter. Und dann: Stau am Gipfelaufschwung! Wie bei vielen begehrten Gipfeln zieht auch der Triglav wie ein Magnet Menschen an, die der Schwierigkeit eigentlich gar nicht gewachsen sind. Die leichenblassen Gesichter, die uns entgegenkommen, untermauern diese These.

Triglav-Taufe mit Dosenbier

Klettersteig auf Slowenisch bedeutet nicht, dass man mit durchgehenden Stahlseilen rechnen darf, wie wir am Bamberg-Weg bereits festgestellt haben. Auch auf dem Gipfelaufbau gibt es kein durchgehendes Seil. Zahlreiche Metallstifte, die aber nicht als Tritte, sondern als Griffe dienen, erleichtern den Aufstieg auf den abgenudelten Fels. Ebenso die unzähligen Stufen, die in den Fels geschlagen sind. Diesen Berg will schließlich jeder schaffen.

Der letzte Kraxler vor dem Gipfel

Allein am Gipfel sind wir nicht. Aber das hatten wir auch nicht erwartet. Immerhin ergattern wir einen kurzen Slot, an dem wir die Gipfelrakete Aljazev Stolp nur für uns beide allein beschlagnahmen können. Dass man sich – den Kopf in den Stol gesteckt – an dieser Stelle von einem Triglav-Veteranen den Hintern versohlen lässt und dabei Schnaps trinkt, um die Triglav-Taufe zu erhalten, erfahren wir leider erst im Nachhinein.

Nach 2400 Höhenmetern grinsen wir über beide Ohren. Den Hintern versohlt haben wir uns nicht – Foto: KK

Jedenfalls freuen wir uns über den Slowenen, der sich die Mühe macht, Getränke auf den Gipfel zu schleppen und diese dort zu verkaufen – zu einem Wucherpreis. Doch das Bier schmeckt! Ob es noch derselbe Slowene ist, der Freunden von uns schon vor 25 Jahren Bier verkauft hat?

Die Gipfelbar ist gut besucht
Die 7€ fürs Gipfelbier haben sich gelohnt. Jeder einzelne Schluck hat geschmeckt! Foto: Tina Fellner

Über den Mali Triglav gehen wir weiter – und staunen über selbst gebastelte Klettersteig-Sets und über Bergführer, die ihre Kunden in eine Seilschaft binden und im Höllentempo den Steig hinaufschleifen. Immer schön im Rhythmus atmen… Den Triglav kriegt man schließlich nicht geschenkt!

Absicherung auf Slowenisch: Unzählige Stahlstifte zum Anhalten – Foto: Tina Fellner

Nach 2400 Höhenmetern Aufstieg wollen wir unsere Knie nicht auch noch für den Abstieg strapazieren. Deshalb beziehen wir im Dom Planika pod Triglavom unser Schlaflager. Die Hütte lässt sich in Sachen Gemütlichkeit und Komfort nicht mit denen vergleichen, die wir aus Österreich gewohnt sind. Das Plumpsklo ist außerhalb der Hütte, Klopapier muss man selber mitbringen, die Schlafräume in einem Nebengebäude untergebracht. Als einzige Waschgelegenheit gibt es ein Rinnsal aus einem lieblos in einer Nische montierten Waschbecken. Zum Zähneputzen reicht’s, Privatsphäre: Fehlanzeige.

Das Dom Planika pod Triglavom

Die Gaststube ist spartanisch, zum Abendessen kann man zwischen drei recht ähnlichen Varianten wählen. Gaumenkino sieht anders aus, satt macht es aber jedenfalls. Und dringend nötig haben wir die Kalorien auch, wie wir feststellen, als wir in Daunenjacke und trotzdem frierend in der Gaststube sitzen.

Auf Slowenisch blöken

Doch Gemütlichkeit geht ja zuallererst von den Menschen aus, und so verbringen wir einen netten Abend mit internationalem Publikum. Die Bergpanorama-Abendstimmung krönt eine Schafherde, die sich im Sonnenuntergang rund um das Plumpsklo-Häuschen schart und fröhlich blökt. Doch da wir jetzt ja echte Sloweninnen sind, brauchen wir keinen Dolmetscher. (Aber wie war das jetzt eigentlich: Sind wir jetzt nun echte Sloweninnen oder doch nicht?!)

Gar-nicht-so-Stillleben mit Schafen
bäääh! BÄÄÄÄH! Alles klar?!

Der Abstieg am nächsten Tag startet bei schönem Wetter. Doch schon bald sind wir mitten in den Wolken. Wir legen einen Zwischenstopp in der Koca na Dolicu ein und stellen fest, dass auch diese Hütte nach haarscharf demselben Konzept funktioniert wie das Dom Planica: Plumpsklo draußen, Menü-Plan und diese ganz eigene Milchbar-Atmosphäre.

Mitten in den Wolken
  • 2400 Höhenmeter
  • ca 30 Kilometer
  • Spaziergang ist das keiner
  • Für Kulturkunde-Freunde: Hinternverklopf-Schnaps-Ritual am Gipfel einbauen
Gigantische Ausblicke – Foto: Tina Fellner

Weil wir es uns nicht allzu leicht machen wollen, steigen wir nicht über die Serpentinen, sondern über den Komar-Steig ab, der im Aufstieg sicher gemütlicher gewesen wäre. Mein leises Fluchen entgeht Tinas Ohren nicht. Doch unten ist unten. Und auf diese Tour sind wir ganz schön stolz. Triglav – only for brave!

Komar-Steig: Den Abstieg hätten wir auch einfacher haben können – Foto: Tina Fellner

Wettlauf gegen den Fahrplan: Wiesbachhorn für Motivierte

Dieser Gipfel macht glücklich

Groß, hoch, mächtig. So türmt sich das Große Wiesbachhorn vor uns auf. Doch die Uhr tickt. Ob wir den Gipfel schaffen, ist ungewiss.

Spontan ist gut. Sofern alles aufgeht. Wenn sich am Vorabend der Tour allerdings herausstellt, dass der erste Bus vom Kesselfall zu den Stauseen doch erst um 8.10 Uhr statt um 7 Uhr fährt, fängt das Spontan-Konzept plötzlich an zu bröckeln. 70 Minuten weniger Zeit, um den Gipfel zu erreichen – denn um 16.45 Uhr fährt der letzte Bus nach Kaprun zurück. Ganz schön knapp bemessen für eine Tour, die mit acht Stunden Gehzeit angegeben ist. Das wirft unseren Zeitplan gehörig über den Haufen. Da heißt es, starke Nerven zu behalten.

Noch fast ganz unten auf Höhe des Stausees - Foto: Andrea Gabriele
Auf den ersten Metern – Foto: Andrea Gabriele

Zum Wiesbachhorn bin ich völlig unverhofft gekommen. Bei einer geführten Alpenvereins-Tour zum Stubacher Sonnblick am Wochenende davor lerne ich Andrea kennen. Sie erzählt mir von ihren Plänen, in den kommenden Tagen aufs Wiesbachhorn zu gehen. Schöne Namen von schönen Gipfeln lösen in meinem Kopf eine Gedankenfixierung aus. Ich. Will. Da. Rauf.

Blick auf die Stauseen - Foto: Andrea Gabriele
Blick auf die Stauseen – Foto: Andrea Gabriele

Weil’s perfekt passt, beschließen wir, gemeinsame Sache zu machen. Zu zweit verspricht so eine Tour schließlich gleich viel mehr Spaß zu machen als alleine. Andrea ist so nett und teilt ihr Doppelzimmer in Kaprun mit mir, das sie für den Glockner-Ultra-Trail, der wenige Tage später stattfindet, schon gebucht hatte. Bergkollegin gecheckt, Tour gecheckt, Zimmer gecheckt. Check.

Die Tour sollte von den Anforderungen her für uns beide locker zu schaffen sein. Doch wie wir mit der knappen Zeit umgehen sollen, das ist uns etwas schleierhaft. Wenn alles gut geht, könnten wir es schaffen. Wenn nicht, müssen wir umdrehen, ohne den Gipfel erreicht zu haben. Zur Sicherheit vereinbaren wir eine Umkehrzeit.

Die massive Gipfelwand des Wiesbachhorns - Foto: Andrea Gabriele
Die massive Gipfelwand des Wiesbachhorns – Foto: Andrea Gabriele

Und dann: Die ersten 800 Höhenmeter schaffen wir in eineinhalb Stunden. Trotz der drei Kilo Äpfel, die wir beim Obststeigen-Depot bei der Staumauer bunkern und zur Hütte tragen. Der sehr nett formulierten Aufforderung, ein paar Lebensmittel hinaufzutragen, konnten wir einfach nicht widerstehen, und mehr als die paar Äpfel war nicht mehr in den Kisten. Der Weg bis zum Heinrich-Schweiger-Haus ist ein einfach zu gehender Steig mit ein paar versicherten Stellen, die bestimmt sehr hilfreich sind, wenn’s eisig ist. Beim Heinrich-Schwaiger-Haus kehren wir kurz auf einen Kaffee ein. Die Hüttenwirtin meint, dann schaffen wir’s in zweieinviertel Stunden zum Gipfel. Schaffen wir auch.

Klettersteig nach der Hütte
Gleich nach der Hütte geht’s ans Klettern

Gleich hinter der Hütte wartet der Klettersteig-Teil auf uns. Der Weg ist gut markiert mit roten Punkten. Dann geht’s über den Rücken am Gletscherrand entlang hinauf bis unter den Gipfelaufbau. Zum Großteil können wir den Schnee umgehen. Weil alles weich ist, bleiben die Steigeisen im Rucksack.

Der Gipfel zeigt sich erst relativ knapp vor dem Ziel
Der Gipfel zeigt sich erst relativ knapp vor dem Ziel

Dieser ist stufig angelegt. Nicht wirklich zum Klettern, aber auch nicht ganz einfach zu gehen. Auch wird die Luft immer dünner, jeder Schritt anstrengender, das anfängliche Tempo nicht haltbar. Immerhin, bis auf zwei, drei kleine Schneequerungen ist der Weg aber durchgehend aper. Einen unverhüllten Blick auf den Gipfel ergattern wir erst kurz vor dem Gipfelaufbau.

Stairway to Heaven - Foto: Andrea Gabriele
Stairway to Heaven. Zum Glück hört man am Foto nicht, wie ich schnaufe – Foto: Andrea Gabriele
Breiter Gipfelgrinser – Foto: Andrea Gabriele

Um 12.45 stehen wir am Gipfel und grinsen über beide Ohren. Die Anstrengung hat sich gelohnt. Was für ein Massiv! Und was für ein Erlebnis, am Wiesbachhorn zu stehen! Mein bisher höchster Gipfel gibt sich mystisch, der Blick ins Tal und Richtung Süden ist in Wolkenfetzen gehüllt.

Viel Zeit oben bleibt uns leider nicht. Der Abstieg ist ohnehin noch lang genug. Ein kleines Bier auf der Hütte. Eine witzige Begegnung am Weg nach unten mit einem übereifrigen Deutschen, an dessen Rucksack befestigt eine leere Obststeige baumelt. Auf unsere Frage, was er denn mit der Kiste vorhabe, meint er nur leicht empört: „Zur Hütte hochtragen natürlich. Macht ja sonst keiner!“ Wie heißt es so schön? Ois fürs Training!

Kurze Ausblicke zwischen den Wolken
Kurze Ausblicke zwischen den Wolken

Den letzten Bus, der uns von der Staumauer ins Tal bringt, erreichen wir so locker, dass sich sogar noch ein Eislutscher ausgeht. Bis zu diesem Zeitpunkt ist unser Plan tatsächlich aufgegangen. Und dann fährt mir in Zell am See der Zug direkt vor der Nase davon. Doch die Heimfahrt nach Graz per Autostopp ist eine andere Geschichte…