Ein Mal eine echte Slowenin sein. Nur deshalb geht man schließlich auf den Triglav. Ein bisschen aber auch wegen der Landschaft, dem Sport und dem Bier danach.
Wenn um 5.30 Uhr der Wecker läutet, kann das nur Urlaub sein. In diesem Fall läutet er in Slowenien. Der Triglav steht ja schon lange auf unserer Liste. Diese Chance also zu nützen, lag nahe. So kurz ist die Anfahrt schließlich so schnell nicht wieder… Und so starten Tina und ich den Aufstieg in Trenta, das unserem Urlaubsort Bovec am nächsten liegt. Schließlich gilt diese Variante auch als eine der anspruchsvollsten. Wie für uns gemacht, also.

Das heiß ersehnte Traumziel aller Slowenen – angeblich muss ja jeder Slowene ein Mal in seinem Leben auf dem Triglav stehen – haben wir schon bald vor Augen. Nach den ersten Serpentinen, denen wir schließlich über den Bamberg-Weg (Klettersteig B/C) entkommen, der in der Luknja-Scharte startet, stehen wir auf einem Hochplateau, das vom Gletscher und Regenwasser geschliffen und geformt ist. Die bizarre Mondlandschaft ist wunderschön.

Alles steht und fällt mit den Wolken
Wenn jetzt nur das Wetter mitspielt… Die Entscheidung, ob wir aufsteigen oder den Gipfelsturm auf den nächsten Tag verlegen, machen uns die dunklen Cumuluswolken, die sich am Horizont türmen, nicht gerade leicht. Wir beobachten und diskutieren. Doch die Türme fallen letztlich allesamt wieder in sich zusammen, bevor sie sich von Neuem aufbauen. Lediglich tiefe Wolken verhängen immer wieder die umliegenden Gipfel und auch den Triglav selbst. Schließlich entscheiden wir uns aufzusteigen.

Am versicherten Einstieg kommt uns eine ganze Kolonne Menschen entgegen. Ein bisschen zittern wir ja immer noch wegen dem Wetter. Und dann: Stau am Gipfelaufschwung! Wie bei vielen begehrten Gipfeln zieht auch der Triglav wie ein Magnet Menschen an, die der Schwierigkeit eigentlich gar nicht gewachsen sind. Die leichenblassen Gesichter, die uns entgegenkommen, untermauern diese These.
Triglav-Taufe mit Dosenbier
Klettersteig auf Slowenisch bedeutet nicht, dass man mit durchgehenden Stahlseilen rechnen darf, wie wir am Bamberg-Weg bereits festgestellt haben. Auch auf dem Gipfelaufbau gibt es kein durchgehendes Seil. Zahlreiche Metallstifte, die aber nicht als Tritte, sondern als Griffe dienen, erleichtern den Aufstieg auf den abgenudelten Fels. Ebenso die unzähligen Stufen, die in den Fels geschlagen sind. Diesen Berg will schließlich jeder schaffen.

Allein am Gipfel sind wir nicht. Aber das hatten wir auch nicht erwartet. Immerhin ergattern wir einen kurzen Slot, an dem wir die Gipfelrakete Aljazev Stolp nur für uns beide allein beschlagnahmen können. Dass man sich – den Kopf in den Stol gesteckt – an dieser Stelle von einem Triglav-Veteranen den Hintern versohlen lässt und dabei Schnaps trinkt, um die Triglav-Taufe zu erhalten, erfahren wir leider erst im Nachhinein.

Jedenfalls freuen wir uns über den Slowenen, der sich die Mühe macht, Getränke auf den Gipfel zu schleppen und diese dort zu verkaufen – zu einem Wucherpreis. Doch das Bier schmeckt! Ob es noch derselbe Slowene ist, der Freunden von uns schon vor 25 Jahren Bier verkauft hat?


Über den Mali Triglav gehen wir weiter – und staunen über selbst gebastelte Klettersteig-Sets und über Bergführer, die ihre Kunden in eine Seilschaft binden und im Höllentempo den Steig hinaufschleifen. Immer schön im Rhythmus atmen… Den Triglav kriegt man schließlich nicht geschenkt!

Nach 2400 Höhenmetern Aufstieg wollen wir unsere Knie nicht auch noch für den Abstieg strapazieren. Deshalb beziehen wir im Dom Planika pod Triglavom unser Schlaflager. Die Hütte lässt sich in Sachen Gemütlichkeit und Komfort nicht mit denen vergleichen, die wir aus Österreich gewohnt sind. Das Plumpsklo ist außerhalb der Hütte, Klopapier muss man selber mitbringen, die Schlafräume in einem Nebengebäude untergebracht. Als einzige Waschgelegenheit gibt es ein Rinnsal aus einem lieblos in einer Nische montierten Waschbecken. Zum Zähneputzen reicht’s, Privatsphäre: Fehlanzeige.

Die Gaststube ist spartanisch, zum Abendessen kann man zwischen drei recht ähnlichen Varianten wählen. Gaumenkino sieht anders aus, satt macht es aber jedenfalls. Und dringend nötig haben wir die Kalorien auch, wie wir feststellen, als wir in Daunenjacke und trotzdem frierend in der Gaststube sitzen.
Auf Slowenisch blöken
Doch Gemütlichkeit geht ja zuallererst von den Menschen aus, und so verbringen wir einen netten Abend mit internationalem Publikum. Die Bergpanorama-Abendstimmung krönt eine Schafherde, die sich im Sonnenuntergang rund um das Plumpsklo-Häuschen schart und fröhlich blökt. Doch da wir jetzt ja echte Sloweninnen sind, brauchen wir keinen Dolmetscher. (Aber wie war das jetzt eigentlich: Sind wir jetzt nun echte Sloweninnen oder doch nicht?!)


Der Abstieg am nächsten Tag startet bei schönem Wetter. Doch schon bald sind wir mitten in den Wolken. Wir legen einen Zwischenstopp in der Koca na Dolicu ein und stellen fest, dass auch diese Hütte nach haarscharf demselben Konzept funktioniert wie das Dom Planica: Plumpsklo draußen, Menü-Plan und diese ganz eigene Milchbar-Atmosphäre.

- 2400 Höhenmeter
- ca 30 Kilometer
- Spaziergang ist das keiner
- Für Kulturkunde-Freunde: Hinternverklopf-Schnaps-Ritual am Gipfel einbauen

Weil wir es uns nicht allzu leicht machen wollen, steigen wir nicht über die Serpentinen, sondern über den Komar-Steig ab, der im Aufstieg sicher gemütlicher gewesen wäre. Mein leises Fluchen entgeht Tinas Ohren nicht. Doch unten ist unten. Und auf diese Tour sind wir ganz schön stolz. Triglav – only for brave!

